Kollektiventlassung
Als Arbeitnehmer können Sie Opfer einer Kollektiventlassung oder einer Betriebsschließung werden. Diesbezüglich gibt es besondere Gesetze, vor allem das Renault-Gesetz.
Was ist eine Kollektiventlassung?
Eine Entlassung ist kollektiv, wenn:
- der Grund der Entlassung keinen direkten Bezug zur Person des Arbeitnehmers hat;
- im Laufe einer Periode von 60 Tagen eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmer betroffen sind:
- mindestens 10 Arbeitnehmer in den Unternehmen mit weniger als 100 Arbeitnehmern;
- mindestens 10 % des Personalbestandes in den Unternehmen mit 100 bis 300 Arbeitnehmern;
- mindestens 30 Arbeitnehmer in den Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern.
Gesetzgebung
Die Gesetzgebung über die Kollektiventlassungen umfasst mehrere Punkte:
- Eine Prozedur der Konsultierung und Konzertierung der Arbeitnehmer, gebunden an eine Mitteilung an die Beschäftigungsdienste. Dieser Abschnitt, hervorgehend aus europäischen Direktiven, wurde verstärkt durch die Wirren in 1997 aufgrund der Schließung des Renault-Werkes in Vilvorde. Er wurde konkretisiert durch ein Gesetz von 1998 (genannt „Renault-Gesetz“), das die in einem KAA im LRA enthaltenen vorherigen Anordnungen vervollständigt.
- Eine besondere Entschädigung.
- Im Rahmen des Generationenpaktes (2005) hat die Regierung einen dritten Punkt hinzugefügt, wo die Neuorientierung der Arbeitnehmer im Mittelpunkt steht.
Was ist, wenn die Kollektiventlassung die Folge der Betriebsschließung ist?
Eine „Schließung“ ist die definitive Beendigung der Hauptaktivität des Unternehmens. Dies ist der Fall, wenn die Anzahl der Arbeitnehmer des Unternehmens auf mindestens ein Viertel des im Laufe des Vorjahres durchschnittlich beschäftigten Personals verringert wird.
Der Verwaltungsausschuss des Betriebsschließungsfonds kann die Verlegung des Firmensitzes oder die
Fusion eines Unternehmens als Betriebsschließung betrachten. Er kann ebenso eine Betriebsumstrukturierung als Betriebsschließung betrachten, wenn sie zur Entlassung von mindestens dem Doppelten der Anzahl Arbeitnehmer führt, die für die Anwendung der Gesetzgebung für Kollektiventlassungen erforderlich ist.
Sonderbestimmungen
Bei der Schließung eines Unternehmens mit mindestens 20 Arbeitnehmern gelten Sonderbestimmungen. Neben den drei oben genannten Punkten, die bei einer Kollektiventlassung anzuwenden sind, kommt ein vierter Punkt hinzu: die Zahlungsgarantie der Summen, die den Arbeitnehmern seitens einer öffentlichen Institution zustehen. Diese Institution ist der Betriebsschließungsfonds.
Welches sind die Grundverpflichtungen des Arbeitgebers (KAA 24)?
Der Arbeitgeber muss vorher die Arbeitnehmer im Betriebsrat oder in Ermangelung dessen, die Gewerkschaftsdelegation oder, wenn keine Gewerkschaftsdelegation besteht, die Arbeitnehmer direkt konsultieren.
Die Konsultierung betrifft alle Aspekte des Problems:
- Möglichkeiten, die Entlassungen zu vermeiden oder zu verringern;
- Soziale Begleitung, vor allem zugunsten der Wiedereingliederung der Arbeitnehmer.
- Der Arbeitgeber muss den Arbeitgebervertretern alle notwendigen Informationen liefern.
Diese Verpflichtungen gelten auch bei Entlassungen infolge eines Konkurses oder eines Vergleiches.
Was besagt das Renault-Gesetz?
Das „Renault-Gesetz“ vervollständigt alle diese Bestimmungen. Im Gegensatz zum KAA 24 gilt das Gesetz nicht für Entlassungen im Rahmen eines Konkurses oder eines Vergleiches durch Aufgabe der Aktiva. Es gilt für die oben beschriebenen Kollektiventlassungen, aber auch für Entlassungen, die ausgesprochen werden:
- zwischen der eigentlichen Kollektiventlassung und der Betriebsschließung;
- innerhalb der 60 Tage nach der eigentlichen Periode der Kollektiventlassung, wenn die Schließung nicht vorgesehen ist.
Das Gesetz beschreibt die Etappen der Konsultierungsprozedur genau, die der Arbeitgeber einhalten muss.
Entlassung
Nach der Konzertierungsprozedur informiert der Arbeitgeber den Direktor des subregionalen Arbeitsamtes (Forem, Activis, ADG) per Einschreiben über das Projekt der Kollektiventlassung. Die Arbeitnehmervertreter erhalten eine Kopie dieses Schreibens. Wenn das Renault-Gesetz angewandt wird, muss es im Unternehmen ausgehangen und den Arbeitnehmern mitgeteilt werden, die von der Kollektiventlassung betroffen sind.
Der Arbeitgeber kann diese Entlassungen erst 30 Tage nach der Bekanntgabe seiner Absichten durchführen. Diese Frist kann durch den Direktor des Subregionalen Dienstes für Beschäftigung reduziert werden; sie kann auch bis auf 60 Tage verlängert werden.
Sanktionen
Wenn die Konsultierungsprozedur nicht eingehalten wurde, sieht das Renault-Gesetz folgende Sanktionen vor:
- Die Arbeitnehmervertreter müssen ihre Einwände innerhalb von 30 Tagen nach dem Aushang der Mitteilung des Entlassungsprojektes formulieren. Tun sie dies nicht, gilt die Prozedur als korrekt durchgeführt und die einzelnen Arbeitnehmer verlieren die Möglichkeit, gegen die Entlassung anzugehen.
- Die individuell betroffenen Arbeitnehmer müssen die Respektierung der Prozedur beanstanden innerhalb von 30 Tagen ab der Entlassung oder ab dem Datum an dem die Entlassung den Charakter einer Kollektiventlassung annahm.
- Gilt die Forderung als begründet (entweder erkennt der Arbeitgeber sie an oder das Gericht hat in diesem Sinne entschieden), führt dies zu nachstehenden Folgen:
- Wenn der Vertrag noch nicht beendet ist, wird die Kündigungsfrist unterbrochen bis 60 Tage nach der Mitteilung an das subregionale Arbeitsamt.
- Ist der Vertrag schon beendet, muss der Arbeitnehmer seine Wiedereingliederung beantragen. Wenn der Arbeitgeber nicht innerhalb von 30 Tagen wieder eingliedert, muss er den Lohn bezahlen ab Ende des Vertrages bis 60 Tage nach der Mitteilung des Entlassungsprojektes. Wenn er den Arbeitnehmer wieder eingliedert, muss er ebenfalls den seit dem Vertragsende verlorenen Lohn bezahlen.
Welche Verpflichtungen hat der Arbeitgeber bei einer Betriebsschließung?
Im Falle der Schließung eines Betriebes mit mindestens 20 Arbeitnehmern muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer sowie eine Reihe von Institutionen und Ämter darüber informieren. Die diesbezügliche Prozedur ist im KAA vorgesehen.
Besteht kein KAA, so muss die Information adressiert werden an:
- die Arbeitnehmer, per Aushang;
- den Betriebsrat, oder in Ermangelung dessen, an die Gewerkschaftsdelegation;
- den Präsidenten des Direktionsausschusses des SPF Beschäftigung, Arbeit und Sozialkonzertierung;
- den regionalen Arbeitsminister
- den regionalen Wirtschaftsminister.
Wie hoch ist die Entschädigung im Falle der Kollektiventlassung?
Die Entschädigung beläuft sich auf die Hälfte des Unterschiedes zwischen dem begrenzten Nettolohn und der Arbeitslosenentschädigung. Findet der Betreffende wieder eine Arbeitsstelle oder besucht er Kurse zur beruflichen Weiterbildung, beläuft sich die Entschädigung auf den Unterschied zwischen dem (begrenzten) Nettolohn des altes Arbeitsplatzes und dem Lohn am neuen Arbeitsplatz.
Die Entschädigung wird während 4 Monaten nach Ende des Vertrages oder während der Periode gezahlt, die durch Kündigungsentschädigung abgedeckt ist. Ist die Kündigungsfrist länger als 3 Monate, wird die Zeitspanne der 4 Monate um die Zeit verkürzt, die über die 3 Monate hinausgeht.
Diese Entschädigung erhalten nur Arbeitnehmer, die einen unbefristeten Arbeitsvertrag haben. Sie wird nicht bezahlt, wenn der Arbeitnehmer eine Betriebsschließungsentschädigung erhält oder im Baugewerbe tätig ist. Auch beziehen Arbeitnehmer, die in den Genuss einer Entschädigung als Delegierte oder Kandidaten für den Betriebsrat oder den AGS kommen, diese Entschädigungen nicht.
Unter welchen Bedingungen erhält man eine zusätzliche Entschädigung im Falle einer Betriebsschließung?
Eine zusätzliche Entlassungsentschädigung, „Schließungsprämie“ genannt, muss den Arbeitnehmern gezahlt werden, die im Rahmen der Schließung eines Betriebes mit mindestens 20 Arbeitnehmern entlassen werden. Erfolgt die Schließung aufgrund eines Konkurses, so wird die Schwelle von 20 Arbeitnehmer auf 5 herabgesetzt.
Um diese Entschädigung zu erhalten, muss der Arbeitnehmer folgende Bedingungen erfüllen:
- ein Dienstalter von mindestens einem Jahr aufweisen;
- im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsvertrages eingestellt sein;
- im Rahmen der Schließung entlassen worden sein.
Der Arbeitnehmer hat kein Anrecht auf die Entschädigung:
- wenn er das Alter von 65 Jahren erreicht hat;
- wenn er Anrecht auf eine SAB-Entschädigung hat, deren Zahlung durch den Betriebsschließungsfonds garantiert wird;
- wenn er Anrecht auf die Übergangsentschädigung hat;
- wenn er aus schwerwiegenden Gründen entlassen wird;
- wenn er sofort in einem anderen Unternehmen beschäftigt wurde, mit Wahrung seines Lohnes und seiner Betriebszugehörigkeit, außer wenn er durch seinen neuen Arbeitgeber innerhalb einer Frist von 6 Monaten entlassen wurde;
- wenn er ein schriftliches Arbeitsangebot abgelehnt hat.
Was deckt der Betriebsschließungsfonds ab?
Bei einer Schließung garantiert der Fonds folgende Summen, wenn der Arbeitgeber diese nicht innerhalb der vorgesehenen Frist bezahlt hat:
- die Löhne, d.h. die Lohnrückstände, die noch nicht bezahlt wurden; die Jahresendprämie und die anderen aufgrund des Gesetzes oder der KAA oder des Arbeitsvertrages zu zahlenden Entschädigungen und Vorteile; das Urlaubsgeld der Angestellten gehört z.B. in diese Kategorie.
- die Kündigungsentschädigung oder die anderen Unterbrechungszulagen, einschließlich der Schutzentschädigungen für die Gewerkschaftsvertreter.
- die Entschädigung für die Schließung oder die Kollektiventlassung, unter den oben beschriebenen Bedingungen;
- die Übergangsentschädigung;
- die SAB-Entschädigung zu Lasten des Arbeitgebers.
Im Prinzip betrifft die Garantie des Fonds nur die Arbeitnehmer deren Arbeitsvertrag während der Periode aufgelöst wurde, die 13 Monate vor dem Datum der Schließung (oder des gleichgestellten Ereignisses) beginnt und 12 Monate nach diesem Datum endet.
Was bedeutet die Pflicht, eine Beschäftigungszelle einzurichten, für den Arbeitgeber, der eine Kollektiventlassung durchführt?
Der Arbeitgeber des Privatsektors, der eine Kollektiventlassung durchführt, ist im Prinzip verpflichtet, eine Beschäftigungszelle zu schaffen. Der Arbeitgeber muss dazu die Gewerkschaften und die regionalen Arbeitsorganismen einbeziehen. Die Beschäftigungszelle begleitet die betroffenen Arbeitnehmer in Form eines Outplacements.
Diese Pflicht gilt auch für die Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten (die nicht vom Gesetz über die Kollektiventlassung betroffen sind), wenn sie die Arbeitnehmer vor dem normalen Frühpensionsalter ins SAB versetzen möchten.
Die Regelung beschreibt die einzuhaltende Prozedur, um die Arbeitnehmer über ihre Rechte und Pflichten zu informieren. Sie beschreibt ebenfalls, wie sich der Arbeitnehmer in diese Beschäftigungszelle eintragen kann. Wenn der Arbeitnehmer seine Mitarbeit verweigert, wird das LFA verständigt. Die Regelung sieht ebenfalls vor, was passiert, wenn der Arbeitgeber seine Verpflichtung nicht einhält. Sie sieht ebenfalls bestimmte Ausnahmen von dieser Verpflichtung vor oder die Möglichkeit für mehrere Arbeitgeber, sich an ein und derselben Zelle zu beteiligen.
Muss man sich in eine Beschäftigungszelle eintragen?
Ja. Die Arbeitnehmer, die im Rahmen der Kollektiventlassung entlassen werden, müssen sich in diese Zelle einschreiben und an den Aktivitäten teilnehmen:
- während 3 Monaten, wenn sie unter 45 Jahren alt sind;
- während 6 Monaten, wenn sie mindestens 45 Jahre alt sind.
Der Arbeitnehmer, der dies versäumt, setzt sich einer Sanktion wegen Arbeitsverweigerung aus. Diese Verpflichtung gilt für die Arbeitnehmer, die vor dem normalen Frühpensionsalter ins SAB eingestiegen sind.
Hat man als eingeschriebener Arbeitnehmer Anrecht auf eine Entschädigung?
Ja, der Arbeitnehmer, der sich in eine Beschäftigungszelle eingetragen hat und der mindestens 1 Jahr Betriebszugehörigkeit aufweist, hat Anrecht auf eine Umschulungsentschädigung zu Lasten des Arbeitgebers:
- während 3 Monaten, wenn er unter 45 Jahre alt ist,
- während 6 Monaten, wenn er mindestens 45 Jahre alt ist.
Die Umschulungsentschädigung ersetzt, ganz oder teilweise, die Kündigungsentschädigung, auf die Sie Anrecht hätten. Sie wird als solche berechnet und monatlich gezahlt, laut den Bedingungen und Bestimmungen, wie sie für die Unternehmen in Schwierigkeiten festgelegt wurden.