Gewerkschaften und Zivilgesellschaft fechten Arbeitsmarktreform vor dem Verfassungsgerichtshof an
Die gemeinsame Gewerkschaftsfront (CSC, FGTB und CGSLB), unterstützt von einer Vielzahl zivilgesellschaftlicher Organisationen (wie der Liga für Menschenrechte, der Familienliga usw.) reichte am 29. Oktober beim Verfassungsgerichtshof eine Nichtigkeitsklage ein. Diese beinhaltet auch einen Antrag auf Aussetzung der Übergangsmaßnahmen der Arbeitsmarktreform sowie des Prinzips der zeitlichen Begrenzung von Arbeitslosengeld.
Diese von der Arizona-Regierung getragene Reform stellt einen beispiellosen Angriff auf eine der Säulen der belgischen sozialen Sicherheit dar.
Sie schließt die am stärksten benachteiligten Gruppen unserer Gesellschaft vom Recht auf Arbeitslosengeld aus, ohne glaubwürdige Begleitmaßnahmen oder Mechanismen zur Verantwortlichkeit der Arbeitgeber. Schlimmer noch: Sie trifft zuerst jene, die am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernt sind, und gibt ihnen nur sechs Monate Zeit, um eine Arbeit zu finden. In der Praxis sind es sogar eher dreieinhalb Monate – gerechnet vom Erhalt des LfA-Schreibens Mitte September bis zu den ersten Ausschlüssen am 1. Januar 2026.
Rechtlich gesehen verstößt die Reform gegen mehrere verfassungsrechtliche Prinzipien, wie das Prinzip des berechtigten Vertrauens, das durch Artikel 23 der Verfassung garantierte Recht auf soziale Sicherheit (welches das Recht jedes Einzelnen auf ein menschenwürdiges Leben festlegt) sowie die in den Artikeln 10 und 11 der Verfassung verankerten Grundsätze der Gleichheit und Nichtdiskriminierung.
Weder die Begründungen des Gesetzes noch die Antworten von Minister Clarinval während der Arbeiten in der Abgeordnetenkammer können einen solchen Rückschritt rechtfertigen. Zudem weisen wir auf die Widersprüche in der Argumentation des Ministers hin. Haushaltszwänge sollen der Grund für die Reform sein. Aber gleichzeitig entscheidet die Regierung, steuerfreie Überstunden anzuheben, die Flexi-Jobs auszudehnen (die nur für bereits Beschäftigte zugänglich sind) oder die Studentenarbeit durch eine Anhebung der erlaubten Stundenzahl zu fördern (Studentenarbeit ist aber für ausgeschlossene Arbeitsuchende per Definition nicht zugänglich). All diese Maßnahmen dienen in keiner Weise dem angekündigten Ziel, eine Beschäftigungsquote von 80 % bis 2029 zu erreichen.
Die Reform richtet sich insbesondere gegen Gruppen von Arbeitsuchenden, deren Rückkehr auf den Arbeitsmarkt oder der Erhalt eines festen Arbeitsplatzes durch eine Reihe bekannter Hindernisse erschwert wird: ältere Menschen, Jugendliche, Frauen, Menschen mit Behinderung oder dauerhafter Arbeitsunfähigkeit, geringqualifizierte Personen usw.
Aber die Reform betrifft auch Personen, die auf Vertragsbasis arbeiten, wie LBA-Beschäftigte, Teilzeitkräfte mit Einkommenssicherungszulage, freie Journalistinnen und Journalisten usw.
Abgesehen von den rechtlichen Aspekten stellt diese Reform einen Bruch mit dem sozialen Pakt dar, auf dem das sozioökonomische Gleichgewicht unserer Gesellschaft seit 80 Jahren beruht. Sie ignoriert die sozialen Ursachen von Ausgrenzung. Diese Reform droht, zehntausende Menschen dauerhaft in Unsicherheit zu stürzen, ihre Familien zu schwächen und die Ungleichheiten weiter zu verschärfen.
Deshalb fechten die Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen, vereint in ihrem Einsatz für Menschenrechte und den Erhalt unserer sozialen Sicherheit, die Verfassungsmäßigkeit dieser überstürzten und ungerechten Reform an, die gegen die grundlegenden Verpflichtungen des belgischen Staates verstößt.
Liste der Organisationen und Verbände, die sich der Klage anschließen:
- Liga für Menschenrechte
- BAPN
- Netzwerk zur Armutsbekämpfung
- CSCE
- Hart boven hard
- Familienliga
- Solidaris (nationale Vereinigung der sozialistischen Krankenkassen)
- Vie féminine
- Soralia
- Femma
- Furia
- Jeunes FGTB
- Jung-CSC
- Jeunes CGSLB / Freezbe
- SAAMO Antwerpen und Brüssel
- TSE
