AstenJohnson
Kurzarbeit und Wertschätzung im Fokus
Steckbrief
Betrieb: AstenJohnson
Ort: Eupen
Anzahl Beschäftigte:
172 (110 Arbeiter und 62 Angestellte)
Produktion:
Herstellung und Vertrieb von Sieben für die Papier- und Vliesstoffindustrie, u.a. zur Herstellung von Mundschutzmasken, Einwegschutzkleidung für Krankenhäuser und Hygieneartikel
Umsatz:
25 - 30 Mio. Euro
Delegierte:
Angélique Fratz, Anita Beneitez
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Wie sieht euer Rückblick auf die letzten vier Jahre aus?
Angélique Fratz (AF): Im Betrieb wurde das Leasingsystem für E-Bikes eingeführt, d.h. man kann ein Fahrrad beantragen und später relativ günstig erwerben. Viele Kollegen haben sich für die E-Mobilität entschieden. Das Projekt ist auf eine große Resonanz gestoßen.
Für vakante Stellen können die Mitarbeiter Kandidaten vorschlagen. Wenn die Person eingestellt wird und sich nach sechs Monaten bewährt hat, bekommt man 250 Euro brutto. Wenn sie nach zwei Jahren noch im Betrieb ist, erhält man nochmals 250 Euro brutto. Das ist ein kleiner Anreiz, um gute Leute zu finden, die längerfristig im Betrieb bleiben.
Anita Beneitez (AB): Andere Vorteile, für die wir uns eingesetzt haben, haben wir schon länger. Zum Beispiel die DKV, Ökoschecks, Kaufkraftprämie und die Corona-Prämie.
AF: AstenJohnson legt sehr viel Wert auf die Sicherheit am Arbeitsplatz. Für eine bestimmte Zeit ohne meldepflichtigen Unfall erhalten wir ein kleines Präsent - welches aus unseren Vorschlägen umgesetzt wird - als „Dankeschön“ und als Motivation, auf die Sicherheit im Werk zu achten. So haben wir bereits Trinkflaschen, Rucksäcke und Kühltaschen erhalten und im letzten Jahr war auch eine Imbissbude vor Ort. Abwesende oder kranke Kollegen erhalten einen Gutschein.
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Wie läuft der Betrieb im Moment?
AF: Durch die Corona-Zeit sind wir richtig gut durchgekommen, schon allein wegen den Mundschutzmasken und Hygieneartikeln, die u.a. auf den in Eupen hergestellten Vliesstoffsieben bei unseren Kunden produziert wurden. Wir beliefern hauptsächlich die Papierhersteller, die unsere Gewebe für die Herstellung des Papiers benötigen. Leider haben wir in den letzten beiden Jahren sehr viele Kunden in Russland, bedingt durch den Krieg in der Ukraine, aber auch in China verloren. Ein großer Kunde in den Niederlanden hat dicht gemacht und andere Kunden haben zeitweise einige Maschinen stillgelegt. Dadurch ist auch die Mitarbeiterzahl gesunken, im Moment zählt AstenJohnson Eupen 110 Arbeiter und 62 Angestellte.
AB: Letztes Jahr hatten wir in mehreren Abteilungen Kurzarbeit. Das ist krisenbedingt, die Bestellungen der Kunden fallen kleiner aus. Früher hatten wir mehr Großaufträge. Die Kunden müssen wahrscheinlich auch ihr Budget im Auge halten und bestellen erst, wenn es wirklich notwendig ist. Heutzutage wird weniger langfristig bestellt bzw. ein Warenlager angelegt. Das wird uns zumindest von unserer Direktion gesagt.
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Habt ihr noch viel Kurzarbeit?
AF: Im Moment nicht. Die Aufträge kommen langsam wieder rein. Es wurden auch zusätzliche Verkäufer eingestellt. Die Zukunft wird zeigen, wie es weiter geht.
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Welche Ziele habt ihr euch gesteckt?
AB: Prioritär für mich ist die Arbeitsplatzgarantie. Viele Kollegen sind unsicher, es gibt immer wieder Kurzarbeit und darunter leidet auch die Motivation. Das Personal muss Perspektiven erhalten, damit die Unsicherheit weicht. Viele Arbeiter haben den Betrieb verlassen, als die Kurzarbeit anfing. Sie haben neue Jobs gesucht und auch gefunden.
Die Arbeit bei AstenJohnson muss mehr wertgeschätzt werden. Es war immer ein gutes, anerkanntes Unternehmen mit guten Mitarbeitern, aber das Image hat etwas gelitten. Im Moment fühlt sich das Personal nicht genug wertgeschätzt und anerkannt. Das ist die Stimmung, die wir momentan im Betrieb wahrnehmen. Wir werden jedenfalls alles tun, damit die Arbeit hier am Standort Eupen bleibt und dass die Mitarbeiter eine Arbeitsplatzgarantie erhalten. Das ist unser Job.
AF: Die Kurzarbeit führt zu einer Unsicherheit bei den Kollegen. Daran arbeiten wir als Gewerkschaftsteam, um den Zusammenhalt zu stärken und die Krise zu meistern. Kollegen, die z.B. gerade gebaut, Kredite am Laufen oder die Kinder haben, benötigen eine finanzielle Planungssicherheit.
AB: Das Problem ist, dass man nicht weiß, wie lange die Kurzarbeit dauert. Die Direktion muss da transparenter und umfassender informieren. Auch wir als Delegation erhalten keine weiterführenden Informationen. Wir fordern schon seit Jahren eine bessere Kommunikation der Direktion.
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Ist die Gewerkschaftsarbeit anstrengend?
AF: (lacht)… Ja, man macht die Gewerkschaftsarbeit schließlich zwischen seiner eigentlichen Arbeitszeit. Einerseits möchte man seinen Arbeitgeber zufrieden stellen und andererseits immer ein offenes Ohr für seine Mitglieder haben. Da muss man ein Gleichgewicht zwischen beidem finden. Uns werden zwar Stunden für die Gewerkschaftsarbeit angerechnet, aber das reicht nicht aus.
AB: Oft wird man für alles verantwortlich gemacht, z.B. wenn Forderungen nicht durchgesetzt werden konnten. Wir versuchen jedenfalls immer, das Bestmögliche für unsere Kollegen zu erreichen, auch wenn es manchmal schwierig ist.
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Ihr seid bei der Suche nach Kandidaten auf großes Interesse gestoßen...
AF: Wir waren selbst sehr erstaunt. Wir hatten zunächst nicht vermutet, dass wir die Listen voll bekommen. Wir haben jeweils acht Kandidaten für den Ausschuss für Gefahrenverhütung und Schutz am Arbeitsplatz (AGS) sowie für den Betriebsrat gefunden, also 16 Kandidaten insgesamt. Daran sieht man, dass die Leute interessiert sind zusammenzuhalten, sich gegenseitig zu helfen und Solidarität zu zeigen. Das ist äußerst positiv.
AB: Ein Teil der Kandidaten ist an den Versammlungen, die die Mandate mit sich bringen, interessiert, ein anderer Teil möchte die Schulungen mitmachen, um die Gewerkschaftsarbeit kennen zu lernen.